St. Martin in Kirchberg



Die Pfarrkirche St. Martinus befindet sich in Kirchberg an der Iller im Landkreis Biberach in Oberschwaben und gehört zur Seelsorgeeinheit Illertal.

Der Architekt des basilikalendreischiffigenneugotischen, um 1900 erbauten Bauwerks war Joseph Cades. Zusammen mit den in der näheren Umgebung liegenden Martinskirchen in Kellmünz an der IllerDietenheimErolzheimHeimertingen oder Tannheim gehört Kirchberg zu den Urpfarreien des Illertales. Die Gesamtausgaben des Kirchenneubaus betrugen laut amtlicher Rechnung 113.481,62 Goldmark.

Die erste Nennung einer Pfarrkirche in Kirchberg findet sich 1275 im Liber decimationis. Der liber decimationis war eine Liste über den erhobenen Kreuzzugszehnten im Bistum Konstanz. Die Ableitung des Namens Kirchberg von einer hoch über dem Tal gelegenen Kirche und das Martinspatrozinium verweisen auf eine erste reichfränkische Holzkirche im 7. Jahrhundert im damaligen Bistum Konstanz. Um 625 wurde die Iller als die östliche Grenze des Bistums Konstanz festgelegt, wobei es schon um 300 n. Christus in Augsburg und Konstanz christliche Gemeinden gab, die nach dem Ende der römischen Herrschaft weiterbestanden. Kirchberg liegt am Donau-Iller-Rhein-Limes, einem ehemaligen großräumig konzipierten Verteidigungssystem des Römischen Reiches, das nach der Aufgabe des Obergermanisch-Raetischen Limes im 3. Jahrhundert n. Chr. angelegt wurde.

Die geostete dreischiffige basilikale Kirche liegt auf einem Plateau oberhalb des Tals der Iller. Der kleine Vorgängerbau befand sich auf demselben Platz. Der Friedhof, der die kleinere Vorgängerkirche umgab, wurde im Jahre 1898 um fünfhundert Meter in nordwestlicher Richtung verlegt. Die Anlage ist mit einer schulterhohen Mauer umgeben. Es wurde während der Planungsphase auch eine saalartige einschiffige Lösung wegen ihrer stützfreien Sicht auf das liturgische Geschehen von dem damaligen Pfarrer Funk in Erwägung gezogen. Letzten Endes wird aus den Protokollen der Gemeinderatsitzungen erkennbar, dass sich Architekt Cades mit seinem basilikalen Entwurf durchsetzte. Die Ausstattung der Kirche bestand zunächst aus Gegenständen der Vorgängerkirche. Die ersten neuen künstlerischen Ausstattungsgegenstände waren die bemalten Chorfenster im Osten und die Rosette im Westen des Gotteshauses von der Firma Zettler aus München.



Seit ihrer Erbauung wurde an der Kirche, außer der Aufstellung eines Volksaltares, nichts verändert oder hinzugefügt. Damit hat sie als eine der wenigen den großen Bildersturm des 20. Jahrhunderts überstanden und kann, über ihren liturgischen Dienst hinaus, gleichzeitig und unmittelbar stellvertretend Zeugnis geben von der kirchlichen Kunstauffassung und Kunstbedeutung der Zeit um 1900.

Möglicherweise wurde Kirchberg bereits im Jahre 806 in einer Traditionsnotiz des Klosters St. Gallen erstmals erwähnt, doch ist in Forschung umstritten, ob es sich wirklich um Kirchberg an der Iller oder einen anderen gleichnamigen Ort handelt. Dem Galluskloster vermachte ein Herr von Isenburg im Jahre 839 Güter in Nordhofen. Später traten die Herren von Kirchberg und Schellenberg als Besitzer von Kirchberg in Erscheinung. Im Jahre 1356 verkauften Graf Ulrich von Schellenberg und seine Gattin Anna von Ellerbach mit Einwilligung ihres Sohnes Eglin von Schellenberg, dem damaligen Pfarrherrn von Kirchberg, einen Anteil an dem Dorf Kirchberg an das Kloster Rot. Einen weiteren Anteil erwarb das Kloster Rot 1692. Die nunmehr dem Kloster Rot inkorporierte Kirche zu Kirchberg wurde von dieser Zeit an bis zum Jahre 1803 durch Patres von Rot aus pastoriert. Graf Wilhelm von Kirchberg verlieh im Jahre 1356 Güter an Heinrich von Freiberg. Im 15. Jahrhundert fand sich die Ortsherrschaft geteilt zwischen den Herren von Rechberg-Hohenrechberg-Kellmünz und Ulmer Patriziern; später war Kirchberg teilweise auch im Besitz der Herrschaft Oberbalzheim.

Im Jahre 1686 verkauften die Herren von Rechberg ihren Anteil an Kirchberg dem ehemaligen Damenstift Gutenzell, das sich nunmehr die Besitzrechte an Kirchberg mit dem Kloster Rot teilte. Durch die Kriege mit der französischen Revolutionsarmee verloren die deutschen Fürsten im Friedensschluss 1801 ihre Besitzungen jenseits des Rheins an Frankreich und wurden mit Gütern der geistlichen Fürsten und Klöster rechts des Rheins entschädigt. Dabei fiel der Besitz des aufgehobenen Klosters Rot an den Grafen Ludwig von Wartenberg, der ihn an seine Stiefneffen, die Grafen Erbach-Erbach, die sich daraufhin auch Grafen von Wartenberg-Roth nannten, vererbte, und dessen Nachkommen einen Teil davon verkauften. Bei der Aufhebung des Klosters Gutenzell im Jahre 1803 gelangten deren Güter an die Grafen von Toerring-Jettenbach-Gutenzell als Entschädigung für ihre bisherigen linksrheinischen Besitzungen in Gronsfeld, die durch Napoleon an Frankreich gekommen waren. Graf von Toerring zeigte sich dem Zisterzienserinnenorden gegenüber sehr entgegenkommend, indem die Schwestern bis zu ihrem Tode in Gutenzell bleiben durften.

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